Briefing Dokument: REACH-Verordnung und Kreislaufwirtschaft
Dieses Briefing-Dokument bietet eine Zusammenfassung und Analyse der Schlüsselthemen, wichtigen Ideen und Fakten, die im Bericht der IMPEL-Gruppe "Abfallwirtschaft und Kreislaufwirtschaft" über die Überschneidung der REACH-Verordnung und der Grundsätze der Kreislaufwirtschaft vorgestellt werden.
Zusammenfassung:
Der Bericht der IMPEL-Gruppe Abfallwirtschaft und Kreislaufwirtschaft untersucht die komplexe Beziehung zwischen der EU-Verordnung REACH über chemische Stoffe und den Grundsätzen der Kreislaufwirtschaft, wobei der Schwerpunkt auf abfallbasierten Materialien wie Nebenprodukten und Materialien liegt, die den End-of-Waste-Status erreicht haben. Ein zentrales Thema ist, dass Materialien, die als Abfall betrachtet werden, im Allgemeinen nicht in den Geltungsbereich von REACH fallen. Sobald sie jedoch zu Nebenprodukten oder End-of-Waste-Materialien werden, fallen sie unter REACH und andere relevante Chemikalien- und Produktvorschriften. Der Bericht beschreibt die grundlegenden Anforderungen von REACH (Registrierung, Zulassung und Beschränkungen), ihre Anwendung auf diese abfallbasierten Materialien und die relevanten Ausnahmen (Nebenprodukt, Verwertung, SR&D und PPORD). Der Bericht geht auch kurz auf andere einschlägige Rechtsvorschriften für Chemikalien (CLP, POP, RoHS) ein und hebt die entscheidende Rolle der Durchsetzung und die Verfügbarkeit von Informationen über Datenbanken wie SCIP hervor. Der Bericht unterstreicht die Verantwortung der Unternehmen, die Einhaltung sowohl der Abfall- als auch der Chemikaliengesetzgebung zu bewerten und sicherzustellen.
Kernthemen und wichtige Ideen:
1. Schnittstelle zwischen Abfallgesetzgebung (WFD) und Chemikaliengesetzgebung (REACH):
- Materialien, die gemäß der EU-Abfallrahmenrichtlinie (WFD) als "Abfall" gelten, fallen in der Regel nicht in den Anwendungsbereich von REACH.
- Sobald jedoch Stoffe nicht mehr als Abfall gelten und als Nebenprodukte (Artikel 5 WRRL) eingestuft werden oder den Status End-of-Waste (Artikel 6 WRRL) erreichen, fallen sie unter REACH und andere geltende Produkt- und Chemikaliengesetze, wenn sie in Verkehr gebracht werden.
- Die WRRL besagt ausdrücklich, dass "die natürliche oder juristische Person, die a) ein Material, das nicht mehr als Abfall gilt und nicht in Verkehr gebracht wurde, zum ersten Mal verwendet oder b) ein Material, das nicht mehr als Abfall gilt, zum ersten Mal in Verkehr bringt, sicherstellen muss, dass das Material die einschlägigen Anforderungen des geltenden Chemikalien- und Produktrechts erfüllt." (Artikel 6 Absatz 5 WRRL, in der Fassung von (EU) 2018/851).
- Die Prozesse zur Bewertung des Nebenprodukt-/Abfallendprodukt-Status gemäß der WRRL und zur Erfüllung der REACH-Verpflichtungen laufen parallel. Verwerter sind potenzielle Registranten unter REACH.
2. Anwendbarkeit der REACH-Grundverpflichtungen auf abfallbasierte Materialien:
- Registrierung: Nebenerzeugnisse und End-of-Waste-Materialien können als Stoffe, Gemische oder Erzeugnisse im Sinne von REACH definiert werden. Als Hersteller (Verwertungsverfahren gelten als Herstellungsverfahren) müssen Unternehmen, die diese Materialien in Mengen von 1 Tonne oder mehr pro Jahr in Verkehr bringen, die Stoffe bei der ECHA registrieren lassen, es sei denn, es gilt eine Ausnahmeregelung.
- Zulassung: Materialien auf Abfallbasis können besonders besorgniserregende Stoffe (SVHC) enthalten, die in Anhang XIV aufgeführt sind und eine Zulassung für bestimmte Verwendungen erfordern.
- Beschränkungen: In Anhang XVII von REACH sind Beschränkungen für die Herstellung, das Inverkehrbringen oder die Verwendung bestimmter Stoffe aufgeführt. Diese Beschränkungen können für Stoffe in zurückgewonnenen Materialien gelten, obwohl es in einigen Fällen andere Grenzwerte für Materialien auf Abfallbasis geben kann (z. B. Cadmium in recyceltem Kunststoff).
3. Für die Kreislaufwirtschaft relevante REACH-Ausnahmen:
- Ausnahme für Nebenerzeugnisse (Artikel 2 Absatz 7 Buchstabe b und Anhang V): Nebenerzeugnisse sind von der Registrierung ausgenommen, es sei denn, sie werden eingeführt oder selbst in Verkehr gebracht. Diese Befreiung ist im Allgemeinen auf Nebenprodukte beschränkt, die intern verwendet oder einem anderen Produktionsprozess zugeführt werden, ohne in Verkehr gebracht zu werden.
- Ausnahme für die Rückgewinnung (Artikel 2 Absatz 7 Buchstabe d): Stoffe, die in der EU/im EWR zurückgewonnen werden, sind von der Registrierung ausgenommen, wenn:
- Der zurückgewonnene Stoff ist der gleiche wie ein Stoff, der bereits registriert wurde.
- Die nach Artikel 31 oder 32 erforderlichen Informationen (z. B. Sicherheitsdatenblätter, Expositionsszenarien) über den registrierten Stoff liegen der Rückgewinnungsanlage vor.
- Die Bewertung der Gleichartigkeit liegt in der Verantwortung der Rückgewinnungsanlage und beruht auf der Identität der Hauptbestandteile.
- Diese Ausnahmeregelung ist nicht an das Volumen oder die ursprüngliche Verwendung des registrierten Stoffes gebunden, aber die Rückgewinnungsanlagen müssen Informationen für eine sichere Verwendung bereitstellen.
- Ausnahme für Forschung und Entwicklung (Artikel 3 Absatz 23): Stoffe, die für die wissenschaftliche Forschung und Entwicklung in Mengen von weniger als 1 Tonne pro Jahr hergestellt werden, sind von der Registrierungs-, Zulassungs- und Beschränkungspflicht ausgenommen.
- PPORD-Ausnahme (Artikel 9): Stoffe, die in Mengen von 1 Tonne/Jahr für die produkt- und verfahrensorientierte Forschung und Entwicklung hergestellt oder importiert werden, sind mit einer Meldung an die ECHA für 5 Jahre von der Registrierung ausgenommen. Diese Ausnahme befreit nicht automatisch von Zulassungs- oder Beschränkungsregelungen.
4. Bedeutung der Stoffidentifizierung:
- Die genaue Identifizierung der in Nebenprodukten und End-of-Waste-Materialien vorhandenen Stoffe ist entscheidend für die Bestimmung der Anwendbarkeit von REACH und anderen chemischen Rechtsvorschriften.
- Stoffe können gut definiert sein oder Stoffe mit unbekannter oder variabler Zusammensetzung, komplexe Reaktionsprodukte oder biologische Materialien (UVCBs). Bei Verwertungsverfahren entstehen häufig Gemische und UVCB-Stoffe.
- Bei UVCB-Stoffen hängt die Identifizierung von der chemischen Zusammensetzung, dem Ausgangsmaterial und den Verarbeitungsschritten ab.
5. Andere relevante Chemikaliengesetze:
- CLP-Verordnung (EG) Nr. 1272/2008: Gilt für Nebenprodukte und End-of-Waste-Materialien und schreibt die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von gefährlichen Chemikalien vor.
- POP-Verordnung (EU) 2019/1021: Verbietet oder beschränkt POPs in chemischen Produkten und Artikeln, einschließlich in recycelten Materialien. End-of-Waste-Materialien müssen die Konzentrationsgrenzen für POPs in Produkten einhalten (Anhang I). Abfälle, die die Grenzwerte des Anhangs IV überschreiten, erfordern spezielle Entsorgungs-/Verwertungsmethoden.
- RoHS-Richtlinie 2011/65/EU: Begrenzt gefährliche Stoffe in Elektro- und Elektronikgeräten (EEE). Dies hat Auswirkungen auf die Verwendung recycelter Materialien bei der Herstellung von Elektro- und Elektronikgeräten und unterstreicht die Notwendigkeit, den chemischen Gehalt von Abfallströmen zu kennen.
6. Information und Durchsetzung:
- Die SCIP-Datenbank (Substances of Concern In Articles as such or in Complex Objects (Products)) verpflichtet Lieferanten von Erzeugnissen, die SVHC über 0,1 % w/w enthalten, zur Meldung an die ECHA. Diese Datenbank verbessert die Verfügbarkeit von Informationen während des gesamten Lebenszyklus, einschließlich der Abfallphase.
- Die Durchsetzung ist eine Herausforderung, insbesondere bei der Identifizierung von Abfallunternehmen, die End-of-Waste-Materialien auf den Markt bringen. Die Zusammenarbeit zwischen Abfall- und REACH-Inspektoren und die Nutzung nationaler End-of-Waste-Datenbanken werden empfohlen.
- Fallstudien (Italien, Niederlande, Finnland, Estland, Slowenien, Deutschland) veranschaulichen praktische Herausforderungen und Interpretationen von REACH und seinen Ausnahmen für abfallbasierte Materialien.
Wichtige Fakten und Zitate:
- "Materialien, die nach der EU-Abfallrahmenrichtlinie (2008/98/EC4, WFD) als Abfall gelten, sind keine Stoffe, Gemische oder Erzeugnisse im Sinne von Artikel 2(2) der REACH-Verordnung und fallen nicht in den Anwendungsbereich von REACH." (S. 7)
- "Nebenprodukte gelten nicht als Abfall, wenn sie die in der Wasserrahmenrichtlinie festgelegten Kriterien erfüllen und fallen in den vollen Anwendungsbereich von REACH, wenn sie selbst in Verkehr gebracht werden." (S. 7)
- "Alle Formen der Rückgewinnung, einschließlich der mechanischen Verarbeitung, gelten als Herstellungsverfahren im Sinne von REACH, wenn sie zur Entstehung eines oder mehrerer Stoffe als solche oder in einem Gemisch oder in einem Erzeugnis führen, die nicht mehr als Abfall gelten." (S. 7-8)
- "Bevor das Material in Verkehr gebracht wird, müssen grundlegende Anforderungen von REACH erfüllt werden." (S. 11)
- "Da Nebenerzeugnisse und End-of-Waste-Materialien nicht als Abfall gelten, können sie als Stoffe, Gemische oder Erzeugnisse im Sinne der REACH-Verordnung definiert werden. Danach können die Regeln für die Registrierung, Zulassung und Beschränkung auf sie angewendet werden." (S. 11)
- "Die Tatsache, dass ein Stoff unter REACH registriert ist, bedeutet nicht automatisch, dass er kein Abfall mehr ist." (S. 12)
- "Nebenerzeugnisse, es sei denn, sie werden eingeführt oder selbst in Verkehr gebracht." (Anhang V, Punkt 5, zitiert auf S. 26)
- "Nach Artikel 2 Absatz 7 Buchstabe d (sog. Rückgewinnungsausnahme) ist für in der EU-EWR zurückgewonnene Stoffe keine Registrierung erforderlich, wenn der aus dem Rückgewinnungsverfahren resultierende Stoff mit einem bereits registrierten Stoff identisch ist und dem Betrieb, der die Rückgewinnung vornimmt, die nach Artikel 31 oder 32 erforderlichen Informationen über den nach Titel II registrierten Stoff zur Verfügung stehen." (S. 27)
- "Wenn derselbe Stoff aus irgendeinem Grund auf der Herstellungs- oder Importstufe nicht registriert wurde, muss der zurückgewonnene Stoff registriert werden." (Zitat ECHA-Leitfaden zur Registrierung, S. 28)
- "Die Beurteilung der 'Gleichartigkeit' liegt in den Händen der Rückgewinnungsanlage und die Gleichartigkeit wird nicht von der ECHA bestätigt oder überprüft." (S. 28)
- "Neue Produkte, die aus rezyklierten Materialien hergestellt werden, wie z.B. rezyklierte Kunststoffe, die den End-of-Waste-Status erreicht haben, müssen die UTC-Konzentrationsanforderungen für POP-Stoffe in Produkten gemäß Anhang I der POP-Verordnung erfüllen." (S. 17)
- "Unternehmen, die Erzeugnisse liefern, die besonders besorgniserregende Stoffe in einer Konzentration von mehr als 0,1 % (w/w) enthalten, müssen der ECHA Informationen vorlegen." (S. 24, zusammengefasst aus Artikel 9 (1)(i) WRRL)
- "Für zurückgewonnene Polymere müssen die Monomere und andere Stoffe im Polymer registriert worden sein, damit die Ausnahmeregelung in REACH in Anspruch genommen werden kann." (Zitat aus dem schwedischen KEMI-Bericht, S. 33)
Abschluss:
Der Bericht gibt einen Überblick über die rechtlichen Rahmenbedingungen für abfallbasierte Materialien im Kontext von REACH und der Kreislaufwirtschaft. Er unterstreicht, dass das Erreichen des Nebenprodukt- oder End-of-Waste-Status gemäß der Abfallrahmenrichtlinie die Anwendbarkeit von REACH und anderen chemischen Rechtsvorschriften auslöst. Rückgewinnungsunternehmen und Unternehmen, die diese Materialien verwenden, müssen ihre Verpflichtungen sorgfältig verstehen und erfüllen, insbesondere in Bezug auf die Identifizierung von Stoffen, die Registrierung (oder den Nachweis geltender Ausnahmen), die Zulassung und die Beschränkungen. Der Bericht unterstreicht die Notwendigkeit klarer Leitlinien, eines Informationsaustauschs und einer wirksamen Durchsetzung, um den Schutz der Umwelt und der menschlichen Gesundheit zu gewährleisten und gleichzeitig den Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft zu fördern.